Johannes Bogomil
Über die Geheimnisse der kaiserlichen Flügel
Wenn man den Deckel meines Blüthner-Flügels öffnet, kann man eine vergoldete Metallplatte sehen, mit der Aufschrift: KAISERLICHER UND KÖNIGLICHER HOF-PIANOFORTE-FABRIKANT. Hier sind auch goldene Medaillen von internationalen Ausstellungen: Paris, Philadelphia, London, Sydney, Wien… Man findet kaum noch ein Instrument auf der Welt mit solch einer Markierung. Ein einzigartiges Exemplar!
Unter dem Resonanzboden ist eine Nummer eingestanzt, die das Herstellungsjahr aufzeigt – 1956. Aber das ist eine List der Restauratoren, die das Instrument im nachkriegszeitlichen Leipzig restaurierten. Unter dem DDR-Aufdruck scheinen ganz andere Ziffern durch, nach denen der Flügel bereits… im Jahr 1906 gebaut wurde!
Vor uns steht keine Kopie, kein Replikat, sondern ein Original – ein waschechter Konzert-„Blüthner“ aus dem Wiener Kaiserlichen Hof.Einem heutigen Klavierstimmer und Restaurator, der nicht nur ein altes Instrument bis zur kleinsten Schraube auseinander und wieder zusammengebaut hat, sagte man einmal, dass moderne Modelle um einiges Vollkommener als alte seien. Als Antwort seufzte der Meister:
„Ihr habt jenen „Blüthner“ nie berührt, und er hat euch nicht berührt! Alle Neueinführungen in der Tastenkonstruktion des XX.-XXI. Jahrhunderts haben nur Lautstärke und Pompösität erhöht, aber verloren an der herzlichen Durchdringungskraft.
Heute werden wir jenen „Blüthner“ selbst berühren. Ich erzähle euch vom Geheimnis der kaiserlichen Flügel, auf einem von denen nach dem Willen der göttlichen Vorsehung ich das Glück habe zu spielen. Über das Geheimnis des Instruments, das buchstäblich vom Himmel herabgekommen ist.
Himmlische Obertöne
Franz-Joseph Habsburg regierte die Österreichisch-Ungarische Monarchie 68 Jahre lang. Der edle, leidgeprüfte Kaiser zeichnete sich durch tiefen Konservatismus aus (er verbot es sogar, ein Telefon im Kaiserlichen Hof anzuschließen) und verstand von der Musik nicht allzu viel. Aber bei einer Visite in London hörte er das Spiel der Königin Victoria auf einem „Blüthner“-Flügel, und dann auch noch ihr aufgeregter Ausruf: „Der Flügel – er ist wundertätig! Wenn ich darauf spiele, spreche ich mit Gott.“
Königin Victoria verehrte mit Ehrfurcht „Blüthner“-Instrumente. Die „Blüthner“-Flügel verfügten ihrer Meinung nach, über bestimmte besondere Obertöne. Ihr himmlischer Klang heilte zerrüttete Nerven, und noch mehr als das – er konnte die Gesundheit vollständig wieder herstellen.
Die Erzählung über die heilende Kraft des Flügels hat auf den Österreichischen Kaiser einen großen Eindruck hinterlassen. Als Franz-Joseph 1905 sehr schwer krank wurde, und die Hofärzte nur ratlos waren, da sie annahmen, dass die Krankheit unheilbar sei, erinnerte er sich an das wundertätige Instrument der Britischen Königin.
Aus dem Wiener Hof Schönbrunn wurde eine Depesche an den Fabrikant Julius Blüthner gerichtet. Der Kaiser bat persönlich darum, einen Flügel für ihn anzufertigen, der nach dem Modell, das speziell für majestätische Höfe ausgearbeitet wurde, gebaut werden sollte.
Liebling der Könige und Musikanten
Zu der Zeit war Julius-Ferdinand Blüthner auf der ganzen Welt bekannt als namhafter Klaviermeister, ein heißer Enthusiast seiner Sache. Auf eifrigste Art arbeitete er an der Vervollkommnung der Klavierkonstruktion und wurde zu den 90ern Jahren des XIX. Jahrhunderts zum offiziellen Lieferant vieler monarchischer Höfe der Welt.
Im Jahre 1906 wurde ein besonderer „Blüthner“ des Kaiserlichen Modells zum Winterpalast geliefert. Nikolai II. bestellte ihn nach der Bitte seiner Gemahlin Alexandra Fjodorowna. Die Zarin, die im Hofe ihrer englischen Großmutter erzogen wurde, erbte ihre Verliebtheit in den „Blüthner“.
Ohne dieses wundersame Instrument, – schrieb die Königin Victoria ihrer Enkelin, – könnte ich nicht das Imperium regieren. Sobald ich mich nur an ihn setze, geschieht mit mir ein Wunder: Alle Last und Sorgen schwinden, im Herzen herrscht Frieden. Alix, wenn du Zarin wirst, bestelle unbedingt bei Blüthner einen Kaiserlichen Flügel. Dir steht viel Leid bevor. Russland wird dich nicht annehmen… Wenn es schwer wird – setz dich an den Flügel oder bitte einen guten Musiker zu spielen, und die Seele wird erhellt.“
Der „Blüthner“-Flügel verzeichnete einen weltweiten Erfolg. Innerhalb von 15 Jahren nahmen sie die ersten Plätze auf 18 internationalen Ausstellungen ein und überboten zwei Hauptkonkurrenten – den amerikanischen „Steinway“ und den deutschen „Bechstein“. Drei Firmen, die ungefähr zur gleichen Zeit entstanden, aber der „Blüthner“ – der Liebling der Könige und Musikanten – wurde zum bedingungslosen Favoriten.
Unter den Meistern, die an den „Blüthner“-Flügeln arbeiteten, kam das Gerücht auf, dass der Gründer der Firma Julius Blüthner in seiner Jugend eine Offenbarung gekriegt hatte… von Beethoven selbst!
Karl Holz, „Baum Christi“
Der über einen außergewöhnlichen Verstand und Talent verfügende, dreißigjährige Tischler Julius, erreichte 1853 schon die Höhen des Handwerks und dachte über die Eröffnung einer Firma nach, zur Herstellung von exklusiver Möbel und der Restauration von Antiquaren. Eines Tages klopfte an seine Werkstatt ein ungewöhnlicher Besucher. „Was brauchen Sie? Welche Möbel möchten Sie bestellen?“ – fragte Julius wie gewohnt höflich. Als Antwort ertönte: „Ich möchte Möbel für die himmlischen königlichen Höfe bestellen“.
So begann die Bekanntschaft Blüthners mit Karl Holz – dem treuen Freund und Helfer Ludwigs van Beethoven, ihm hat der große Komponist in den letzten Jahren seines Lebens viele Geheimnisse anvertraut.
Vor dem Treffen mit Beethoven hat Karl Holz die zweite Geige im Ensemble des berühmten Ignaz Schuppanzigh((Ignaz Schuppanzigh (1776-1830) – ein Wiener Violinist und Dirigent, Gründer eines Streichquartetts, das die Zeitgenossen als das beste in Europa anerkannt haben. Er war mit Beethoven befreundet und führte seine Werke in den Salons der Fürsten Lichnowsky und Andrej Razumowski auf; und lehrte sogar persönlich den Komponisten die Geige zu spielen.)) gespielt, der dem Wiener Publikum die neuesten Quartette Beethovens vorstellte, darunter auch der bekannte „russische“ Zyklus. Nachdem er den Autor persönlich kennengelernt hat, hat er ihn sehr lieb gewonnen und widmete dem musikalischen Genie sein Leben.
Beethoven war vernarrt in Holz. Er liebte seine Erudition, die breite Anschauung, den außergewöhnlichen Verstand, die Schärfe und Originalität seiner Beurteilung… Im jungen Musiker sah er quasi sich selbst in seiner Jugend. Und die aufopfernde Treue Karls war eine große Unterstützung für den einsamen, kranken, von den Gegnern abgehetzten Komponisten.
Die letzten drei Jahre von Beethovens Leben wich Karl Holz im Grunde nicht von ihm, teilte Kummer und Sorgen, erfüllte alle delikaten Aufträge, war sein providenzieller Gesprächspartner und Hüter der „Konversationshefte“, mit deren Hilfe der taubgewordene Komponist Gespräche führte. Beethoven nannte seinen jungen Helfer „Täubchen“, „kleines Hölzchen“, „mein Baum Christi“, und konnte nicht ohne Tränen seinen Namen erwähnen.
Nun, nach 25 Jahren, sehnte sich Karl Holz die Haupthoffnung seines genialen Freundes zu erfüllen, wofür er auch den besten Tischler in Wien aufgespürt hat, der genauso ungewöhnlich denkt, wie auch er selbst.
„Ich schreibe für ein anderes Instrument!“
Seine aufregende Erzählung hat Holz oft mit Tränen unterbrochen. Blüthner war ganz Ohr: Zusammen mit dem Erzähler versetzte er sich in das Geschehen die mehr als ein viertel Jahrhundert zurückliegen…
Viele Gespräche Beethovens gingen um die Konstruktion des Klaviers. Der große Komponist war mit der ärmlichen Akustik der damaligen Instrumente unzufrieden – insbesondere mit dem recht primitiven Schema der Lage der Saiten. Er wünschte sich, eine vollkommen andere Klangpalette zu hören, eine beträchtlich reichere. Der Klang sollte nach seiner Vorstellung länger klingen und über eine größere Tiefe verfügen, einem größeren akustischen Potenzial.
„Wissen Sie, ‚Täubchen‘, – sagte er zu Holz, – ich bin sogar froh, dass ich taub geworden bin. Gott hat mir das Gehör genommen, damit ich nicht höre, wie die Interpreten meine Sonaten und die für das Klavier übertragenen Symphonien und Quartette verunglimpfen. Ich höre meine Werke, die für das Klavier geschrieben wurden, überhaupt nicht auf einem Klavier, sondern auf etwas anderem. Ich schreibe sie für ein anderes Instrument!“
Mit dem Verlust des äußeren Gehörs hat sich bei Beethoven das innere Gehör geöffnet: Die geistige Hörmembran wurde bereichert, durch die Musik aus nichtirdischen Dimensionen hergebracht wurde.
Beethoven in der himmlischen Ruhestätte
Julius Blüthner hörte dem Gast mit angehaltenem Atem zu. Er war nicht weniger aufgeregt, als der Erzähler. Holz kam währenddessen zum wichtigsten Teil seiner Erzählung – darüber, wie ihm Beethoven nach seinem Tod erschienen ist!
„Karl – sagte er zum vor Erschütterung erstarrten Holz, – in der himmlischen Ruhestätte habe ich endlich meine späten Sonaten und die neunte Symphonie gehört – das was ich zu irdischen Tagen nicht gehört habe. O, Glückseligkeit! Ich habe sie wie zum ersten Mal gehört: so wie sie im Original klangen, wie noch bevor sie deinem ergebenen Diener diktiert wurden.
O Karl, wenn ich auf der Erde ein authentisches Gehör hätte, ich hätte alles anders geschrieben!“
Der verwandelte Beethoven saß in königlichen Gewändern an einem großen Instrument. Holz sah einen weißen Flügel mit goldenen Tasten, die mit Elfenbein bedeckt waren, mit goldenen Saiten… Und Beethoven selbst? Orpheus, und größer als Orpheus!!!
Da er verstand, dass die höchste Allweisheit ihn mit dem jungen Tischler zusammengebracht hat, erlaubte es sich Holz ihm vorzuwerfen: „Von was für einer Möbelwerkstatt denken sie?! Ihre Berufung ist es – der Gründer einer neuen Firma zur Herstellung von Musikinstrumenten zu werden!“
„Wir nennen sie ‚Beethoven‘! – griff Blüthner begeistert auf. – Wir erschaffen einen neuen Flügel, der die besten Instrumente der Welt übertreffen wird!…“
Visite des himmlischen Maestro
Bald brachte Holz Blüthner Skizzen, die Beethoven persönlich auf den Seiten der Konversationshefte zeichnete – schematische Darstellungen eines Flügels, wie ihn der große Komponist zu irdischen Tagen gesehen hat. Beethoven vermachte sie seinem Freund mit den Worten: „Nach meinem Tod finde einen Menschen, der meine Vorhaben erfüllen kann. Ich sehe ein vollkommen neues Instrument, das im Vibrationspotenzial um einige hunderte Mal größer ist, als die Klaviere zu Zeiten Haydns und Mozarts!“
Der erschütterte Blüthner schlief die ganze Nacht nicht…
Kaum konnte der Eindruck von dem ersten Treffen vergehen, als schon ein weiteres folgte, ein noch viel eindrucksvolleres. Beethoven kam zu Blüthner im Geiste!
„Wenn sie nur wüssten, wie ich gelitten habe unter der Unvollkommenheit des Instruments, mit dem ich erschaffen musste! – gestand der himmlische Maestro dem verblüfften Julius. – Ich hörte andere Vibrationen, schrieb Musik für ein anderes Instrument. Stellen sie sich vor: der Autor schreibt eine Symphonie für ein Orchester (Violinen, Bratschen, Cellos, Blasinstrumente), aber sie wird auf ‚Strohflöten‘ gespielt. Wie soll man da nicht verrückt werden? Die Musik ändert sich bis zur Unkenntlichkeit!“
Vor dem inneren Blick Blüthners breitete sich das Bild der Qualen aus, die vom großen Komponisten durchlebt wurden.
Cembali, die an römische Formate angepasst wurden, sind grenzwertig unzureichend in der Fähigkeit Tiefe wiederzugeben: ein dürftiger Klang, der Herrlichkeit, Gesanglichkeit und Vibrationsfülle beraubt…
Die ersten Modelle des Klaviers, die in der Epoche Beethovens stürmisch verbessert wurden… Das Wiener Genie hat aktiv die neuesten Errungenschaften der Klaviermeister genutzt, fantasierte aber buchstäblich vom „Blüthner“, hat „Blüthner“ vorhergesehen.
Das noch nicht erschaffene Instrument, dessen Klang er von oben hörte, mit dem inneren Gehör, war sein Kopf- und Herzschmerz. Der halbtaube Beethoven legte sein Ohr ans Klavier, auf dem er seine späteren Sonaten ausführte (die 17. in d-Moll, die 21. „Aurora“…), hörte sich hinein, rief aber danach verbittert: „Nein! Meine Musik darf man nicht auf diesen Instrumenten spielen!“
Beethoven kriegt die Offenbarung des Guten Himmels
In der Jugendzeit, als Bekannter der Besitzerin einer Klavierfirma der Nannette Streicher, versuchte Beethoven sie zu überreden, die primitiven Klaviermodelle zu modernisieren, die das Cembalo ersetzt haben. Aber die Ideen des 26-jährigen Musikers wurden nicht ernst genommen. Nach Jahren, als Klaviere und Flügel das alte Cembalo praktisch verdrängt haben, bekam Beethoven eine Offenbarung des Guten Himmels darüber, welche Verbesserungen das Instrument benötigt. Ihm wurden im wahrsten Sinne Baupläne gezeigt: der Umriss des Resonanzbodens, die Lage der Saiten und der Hammerköpfe… Aber es gelang ihm wie vormals nicht, gleichgesinnte unter den Herstellern zu finden.
„Warum hört mich niemand? – Klagte das Genie, – Gott hat mir gezeigt, wie das Instrument sein muss. Ich wende mich an die besten Meister, höre aber als Antwort nur, dass es niemand bräuchte und es keine große Nachfrage geben würde!“
Nach dem Übergang in die Ewigkeit hörte Beethoven das ideale Instrument – und wünschte sich sein Geheimnis dem jungen Meister zu übergeben, damit dieser eine Klavierproduktion auf Grundlage der vorgeschlagenen Reform eröffnet. Julius war verwundert: wie professionell der himmlische Gast die Details des Instrumentenaufbaus und sogar der Organisation der Fabrik beschrieb! Außerdem hat Beethoven vorgeschlagen, eine zusätzliche Saite hinzuzufügen, dank deren das Klavier ein anderes Resonanzformat erlangt, ein akustisch und sphärisch vollkommeneres.
Was das Vorhaben Blüthners, dem neuen Instrument den Namen „Beethoven“ zu geben, betrifft, so gab der Himmelbewohner zu verstehen, dass er dies nicht tun solle.
Der beste Flügel der Welt!
Nach all dem Geschehenen ist Julius Blüthner von ungewöhnlicher Begeisterung erfüllt. Er hat drei Gesellen angeheuert und verbringt Tage und Nächte in der Werkstatt. Er brennt mit dem Geist, ist beflügelt, zielgerichtet und hat keine Zweifel am Erfolg. Wenn um 6 Uhr morgens die Arbeiter in der Werkstatt erscheinen, finden sie den Hausherr bei der Arbeit vor: schon zwei Stunden lang arbeitet er an den Mustern oder Details…
Nachdem er in die Skizzen, die ihm von Holz übergeben wurden, Einblick gewonnen hat, lässt der junge Meister nicht die kleinste Einzelheit außer Acht. In seiner Erinnerung taucht nicht nur einmal das wichtigste auf – die zusätzliche Saite, über die der himmlische Gast sprach…
Die Mühe und Beharrlichkeit werden gekrönt. Aus den Händen Blüthners kommt ein wunderbar bereicherter Flügel heraus mit einem reformierten Pedal, mit einer vervollkommneter Repetitionsmechanik, mit dem leichtesten Tastendruck… Für die Vertiefung des Wohlklangs, der Zugabe eines vibrationell klangfarblichen räumlichen Flugs zum Klang, fügt der Meister nach dem Rat Beethovens eine besondere Saite hinzu, die er Aliquot((Aliquoten – sind zusätzliche Resonanzsaiten, deren einziges Ziel die Bereicherung des vibrationellen Klangs sind. Die Hämmer schlagen diese nicht an, aber ihre Präsenz verstärkt den klangfarblichen Effekt. Sie werden nur in Flügeln der Marke „Blüthner“ verwendet.)) nennt und später patentiert.
Die Konkurrenzfirmen – „Bechtstein“, „Steinway“, „Becker“ versuchten die Technologie herauszubekommen und zu übernehmen. Weit gefehlt! Blüthner verbat es, die Erfindung irgendwo anders als in seinen – beethovenschen! – Instrumenten zu benutzen.
Innerhalb eines Jahres wurden in der Werkstatt Blüthners zehn Flügel und zwei Klaviere gefertigt. Das neue Instrument hat sofort die Aufmerksamkeit der Leute auf sich gezogen, die sich im Musizieren auskennen. „Das sind die besten Flügel der Welt! – rief man in Salons der Adligen und den städtischen Kapellen. – Das Zauberinstrument, das neben dem Musiker spielt!“
Das Geheimnis des bayrischen Walds
Allerdings liegt das beinahe allerwichtigste und hohe Geheimnis „Blüthners“ nicht in den Saiten, den Tasten, Wirbeln und Hämmern – nein-nein, – im Holz!
Das Holz prägt das Raumkontinuum, den Weltklang in sich ein… Das Material, aus dem der Resonanzboden gefertigt wird, spielt die wichtigste Rolle für das Musikinstrument. Julius Blüthner glaubte (auch möglicherweise nach der Offenbarung Beethovens), dass das Holz ein eigenes Gehör und eigene Wahrnehmung hat: es reflektiert nicht nur den Tastendruck, sondern akkumuliert die Information über alles, was um ihn herum irgendwann geschah.
Beethoven zeigte Blüthner einen besonderen Platz in den bayrischen Alpen, wo die geeignetsten Bäume wuchsen. Uralte Waldmassive, die östliche Ausläufer der Alpen umgürten (Süden Bayerns, nördliche Grenze Österreichs und der Westen Tschechiens) – sind sakrale Länder. In diesen Naturschutzgebieten baute Ludwig II. von Bayern seine Schlösser Neuschwanstein und Linderhof. Mit der Alpenfichte arbeitete der bekannte Meister Guarneri, aus dessen Händen unsterbliche Violinen entsprangen. Den Nadel- und Buchenwald an der Grenze von Bayern und Böhmen hat Ludwig nicht nur einmal besucht, und früher – die Ritter des Heiligen Grals, Templer und Taboriten-Hussiten, eingeweihte Katharer. Aus hiesigen Bäumen haben Priester des Grals Kelche für sich geschnitzt.
In der Antike zählten die bayrischen Wälder zu sakralen Orten der Aphrodite Urania (Himmlischen Liebe). Auf geheimnisvolle Weise wurde die Sphäre der höchsten Liebe in sich aufgenommen, eingeprägt in die Wurzeln, Stämme und Kronen. Als ob der Wald spricht: „Wenn die Menschen die Aphrodite Himmlische Liebe nicht verherrlichen können, so werden wir Bäume sie verherrlichen!“
Antennen der intergalaktischen Herrlichkeit des Allhöchsten
Das Holz – eine schreibende Vorrichtung: prägt die Musik, das Wort ein! Bäume sind lebende Wesen, die sich nicht so sehr vom physischen Sonnenlicht, Wasser, Stoffen aus dem Boden usw., als vielmehr von reliquienartigen Bestandteilen, göttlichen Pollen, die in der Natur verstäubt werden, ernähren. Bäume sind Antennen der intergalaktischen Herrlichkeit des Allhöchsten – sie übertragen auf die Erde, wie der Vater von Gottheiten und Leuten in anderen Galaxien verherrlicht wird. Der Klang eines Musikinstruments führt in die Synrhythmie mit guten Welten…
Wenn sie in den bayrischen Wald gelangten, hörten die Leute im Rauschen der Baumkronen wundersame musikalische Klänge, die vom Gesang himmlischer Vögel, die auf den Ästen der Bäume saßen, begleitet wurden. Ein echtes lebendiges Konzert! Zusammen mit mächtigen hohen Fichten, die wankend ein Echo von Bratschen, Cellos und Kontrabassen ausgaben, der Wald kam einem Symphonieorchester gleich, das den Allhöchsten verherrlicht!
Aus dem wunderbaren Alpenbaum fertigte Julius Blüthner einen gebogenen Resonanzboden, der mit himmlischen Obertönen erschallt. Dadurch wird der Interpret dem Geheimnis der Aphrodite Urania, dem Geheimnis der Hussiten, den uralten Sagen über den Heiligen Gral zuteil… Und die Klaviertasten aus Elfenbein erst, machen ihn ohne Zweifel zu Hannibal, auf einem weißen Elefanten, der Rom besiegt!
Die allweltliche Glorie dem Guten Vater und der Guten Mutter ist im Material der Kaiserlichen „Blüthner“ eingeprägt. Es reicht, sich bloß an den Flügel zu setzen, und plötzlich fliegt man in die intergalaktische Sendung!
Die Tschechischen Meister wussten ebenfalls vom Geheimnis der bayrischen Wälder. Antonin Petrof (Gründer der Firma „Petrof“, der übrigens das Handwerk in Wien erlernte) hat für großes Geld Boden auf der tschechischen Seite der Grenze gekauft.
Die Violinen Guarneris, Klaviere „Petrofs“ und „Blüthners“, so kann man sagen, sind Geschwister nach den Bestandteilen. Und der gebogene Rahmen aus dem Alpenholz ist nichts anderes, als der Heilige Gral, der die Mystischen Mahle im Schloss Neuschwanstein besuchte.
Instrument für Götter
In der Fabrik Blüthners wurden Flügel nach fünf verschiedenen Modellen herausgebracht: Kabinett (1,5 – 1,6m), ein wenig größer – ein Lehrmodell, noch größer – der Konzertflügel (von 2,3 – 2,9m). Das vierte Modell war für die Anfertigung nach einer individuellen Bestellung bestimmt. Endlich, das fünfte Modell – das kaiserliche.
Die Besonderheiten der Modelle sind der ganzheitliche gebogene, nicht mehrteilige Resonanzboden; die nicht weniger als dreißigjährige Lagerung des Holzes (die besten Sorten der Fichte); besondere Zusätze zum gusseisernen Rahmen. Die Hämmer sind durchtränkt mit einem speziellen Fichtenharz, was dem Fraß von Motten, der frühen Alterung usw. vorbeugt. Die längeren, blüthnerischen Saiten, sind nach einer besonderen Struktur aufgespannt.
Das kaiserliche Modell ist für Mitglieder der majestätischen Familien und die besten Musiker der Welt vorbestimmt. Im Altertum galt, dass Könige und Genies verkörperte Gottheiten seien. Und das bedeutete, dass das Instrument für Götter vorbestimmt sei, und um darauf zu spielen, bedarf es eines Segens! Niemand anderes soll es wagen, die sakralen Tasten zu berühren. Ein Musikaltar.
In 150 Jahren (2003 feierte die Firma „Blüthner“ ein Jubiläum) wurden insgesamt fünfzig Instrumente der kaiserlichen Klasse hergestellt. Auf den Flügeln, ähnlich dem, der im Ballsaal des Hof von Franz-Joseph stand, spielten Siloti, Liszt, C. Reinecke, Artur Rubinstein, Tschaikowski, Rachmaninoff, Schostakowitsch… Ein kaiserlicher „Blüthner“ erklang in den Gemächern der Königin Viktoria und des russischen Zaren Nikolai II., des Kaisers Wilhelm II. und des osmanischen Sultans Abdülhamid, des Königs von Dänemark Christian IX. und des bayrischen Königs Ludwig II.…
Die besten Konzerte Rachmaninoffs – das genialste Dritte und Vierte – wurden an einem „Blüthner“ geschrieben. Die Einweihung in das Geheimnis des Instruments bekam Rachmaninoff von seinem Lehrer Tschaikowski, und er, denke ich – von Ludwig von Bayern selbst. Was für eine Nachfolge!((Später hat Rachmaninoff den „Blüthner“ abgelehnt zu Gunsten „Steinways“. Die amerikanische Firma hat im Grunde den großen Emigranten bestochen, indem sie ihm drei ihrer teuren Instrumente schenkte, mit einem Knebelvertrag als Draufgabe. Dadurch, dass er unzählige Konzerte geben musste, schrieb er nicht einmal den zehnten Teil der Musik, die es ihm vorbestimmt war, zu erschaffen. Aber in seinem Haus in der Schweiz stand nach wie vor ein Flügel Blüthners, an dem der Komponist komponierte.))
Es gibt auch noch eine Parallele. Kaiser Franz-Joseph I., mit dem wir unsere Erzählung begonnen haben, war mir der Prinzessin Elisabeth von Bayern verheiratet – der berühmten Sissi, der geliebten Cousine Ludwigs II. In einen mystischen Knoten sind der Schwansee Neuschwansteins, der Alpenwald, das Geheimnis des Schwanenkönigs und der Hof Schönbrunn, aus dem in das Haus eures ergebenen Dieners das wundersame Instrument vom Himmel gefallen ist, verbunden…
Der Elefant der guten Bodhisattva Guan-Min
Für mich ist der Flügel lebendig. Ich nenne ihn den „schwarzen Elefanten mit den weißen Stoßzähnen“. Streichele ihn, wie ein lebendiges Wesen: „schwarzer Elefanten mit den weißen Stoßzähnen, du hast eine große Karriere gemacht! Anfangs gerietst du an einen irdischen König, jetzt aber – in das Schloss der Himmlischen Königin. Eine neue Stufe des Aufstiegs, mein tierischer Freund!“
Mein bester Freund. Nicht ich spiele – sondern er. Zum ersten Mal sehe ich ein Instrument, das spricht: „Wieso machst du dir Sorgen? Stell die Finger einfach auf die nötigen Plätze. Jede Berührung ist von vornherein vorgeschrieben. Die Partie spiele ich! Ich habe all diese Partituren schon vierfach in meinen früheren Leben durchgespielt.“
Ich bin mir sicher: bevor es ein Flügel wurde, war dieses gute Wesen ein Elefant und trug auf seinem Rücken die Bodhisattva Guan-Min. Es gibt ein Bild: das göttliche allweise Mütterchen Guan-Min reitet auf einem schwarzen Elefanten, der auf jeder Seite drei Stoßzähne in einer Reihe hat. Wie aus dem Gesicht geschnitten – ein Flügel mit weißen Tasten!
Zu alten Zeiten hatte man das Elfenbein ohne die Tötung der Tiere gewonnen. Man sammelte die Stoßzähne auf Elefantenfriedhöfen. Ein Elefant ist ein unbeflecktes und unsterbliches Wesen. Wird nicht alt, lebt bis die Zähne abgenutzt sind, und geht daraufhin aus dem Leben raus, wie ein katharischer Vollkommener zur Zeit des Fasten-Enduras. Die Summe aller Nerven des riesigen guten Elefantenherzens sind im Stoßzahn konzentriert – dem Perlmuttknochen, der fähig ist, geistige Impulse zu hören und unversehrt bleibt, reliquienartig.
Ein großer Irrtum ist es, zu glauben, dass Plastik das Elfenbein adäquat ersetzt! Ganz und gar nicht. Die Klaviatur aus Elfenbein ist feinfühlig zu den unsterblichen Vibrationen der Minne.
Wie sich das Elfenbein äußert! Wie feinhörig die Fingerspitzen sind! Die leichteste Berührung – als ob wir mit dem Bein dem Elefanten die Sporen geben, und er erhebt uns! Ein Stoßzahn reicht, damit der Flügel zu einem gehorsamen Elefant von Guan-Min wird und das macht, was wir brauchen: den Feind zertreten oder ein Zelt mit 50 Reitern auf sich trägt.
Die göttliche Metamorphose: vom schwarzen Elefant zum weißen Schiff
Einer meiner Freunde sagte: „Den Flügel aus dem Wiener Kaiserlichen Hof schenkten ihnen die Wiener Klassiker dafür, dass sie sie der Menschheit eröffnet haben.“ Ich würde hinzufügen: ein Geschenk nicht nur von den Wiener Klassikern, sondern auch von Ludwig von Bayern, Zarin Alexandra, Königin Victoria, Tschaikowski, Rachmaninoff, und allen Leuten, die dieses Instrument wertschätzen konnten!
Ich richte die wundersamen obertonalen Wohlklänge an die Gottesmutter, an die Königin des Universums, von deren direkten Herkunft sie sind. Und zusammen mit Beethoven des XXI. Jahrhunderts wünsche ich, ein tröstendes musikalisches Consolamentum für die ganze Menschheit zu schaffen!
Der Flügel ist, bei all seiner genialen Obertonalität, sehr einfach. Der leichteste Tastendruck – eine besondere Errungenschaft, welche qualitativ das Werk Blüthners von solchen wunderbaren Flügel-Konkurrenten wie „Bösendorfer“, „Bechstein“ und „Steinway“ unterscheidet. Genauso einzigartig sind die Lage und die Spannung der Saiten, dank deren das Instrument den edelsten Klang hat.
Mit dem Ohr, das sich auf meiner Handfläche befindet, berühre ich den „Blüthner“ und höre wie er gute geistige Vibrationen verströmt. Das Holz klingt, spricht, heilt!
Wer die vibrationellen Obertöne des Flügels zu schätzen gelernt hat, kann schon nicht mehr auf einem anderen Klavier spielen. „Blüthner“ erobert ohne Widersprüche. Sein Erschaffer ist nicht Julius Blüthner, nein! Alle von Beethoven vorgesagten Geheimnisse kommen direkt vom Himmel. Julius war bloß ein talentierter Meister, wurde aber nach mehreren Offenbarungen ein Genie des Schiffbaus.
Ja! Mein schwarzer Elefant ist auch ein weißes Schiff! Sein Klang ist wie die Stimme der Gottheit, erzeugt einen musikalischen Raum, über den man sich in andere Dimensionen bewegen kann. Die Erschaffung derartiger Musikinstrumente ist wahrhaftig ein Schiffsbau!
In der Sprache des Universums
Wenn wir spielen, dann klingt der gesamte bayrische Wald: Aphrodite Urania, Ludwig II. von Bayern, Franz-Joseph I. Beethoven und Karl Holz, die Katharer und Julius Blüthner – alle versammeln sich in unserem Saal! Für alle ist Platz!
Musik ist die Sprache des Universums. Die für Hunde, und Schmetterlinge, und Gottesanbeterinnen, und Bogomilen – für alle verständlich ist!
Zum Beispiel unser Hund Kus‘ma Platonych, er versteht höchstens zehn menschliche Wörter. Aber sobald er Musik hört, legt er sich sofort daneben und lauscht in voller Glückseligkeit. Seine Seele sagt: „Endlich sprichst du eine Sprache, die ich verstehe!“
Die Zeit ist gekommen, in der Beethoven die Musik hören wird, die er ausgelitten hat. Einst hörte er sie von den Himmeln und versuchte sie auf die Erde herabzuführen… Jetzt wird er sie von der Erde her hören!